Baukunst (Inder)

Baukunst (Inder).

Baukunst I.

Baudenkmäler Amerikas – Indische Baukunst

  1. Teocalli Xochicalco bei Cuernavaca, Mex.
  2. Teocalli von Tusapan in Mexiko, Amerika.
  3. Teocalli von Papantla in Veracruz, Mex.
  4. Tschultri (Saal für Pilger) zu Madura, 1623 n. Chr.
  5. Pfeiler aus dem Tschultri.
  6. Pagode zu Madura a. d. Koromandelküste, Ind.
  7. Portal zu Tschillambrum bei Ponditscherri.
  8. Kailâsa-Tempel zu Ellora, von m nach n des Grundrisses gesehen, erste Hälfte des 9. Jahrh. Indisch.
  9. Grundriss des Kailâsa-Tempels. Indisch.
  10. Säule aus der Parasua Rama-Grotte an der Indra-Grotte zu Ellora, 12. Jahrh.
  11. Säule von Elefanta bei Bombay, 10. Jahrh., Ind.
  12. Säule von Mahamalaipur a. d. Koromandelküste, 13. Jahrh., Ind.
  13. Chaitja-Grotte zu Karli c. 150 v. Chr. 126′ l. 45′ 7“ br.

Getrennt von dem Völkerleben des westlichen Asien entwickelte sich der Osten dieses Weltteils, als dessen Kultursitz vornehmlich Hindostan erscheint. Die zahlreichen Denkmäler dieses Landes sind an Umfang und Pracht nur mit denen des ägyptischen Volks zu vergleichen (s. Tafel I, Fig. 4-13). Der Grundzug des indischen Volkscharakters, eine große Weichheit des Gefühls und eine lebhafte Glut der Phantasie, in der sich fast jede übrige Thätigkeit des Geistes auflöst, zeigt sich auch in den indischen Bauwerken, bei denen durchweg ein lebendiges Gefühl hervortritt, welches die Form nicht um einer konventionellen Bedeutung, sondern um ihrer selbst willen bildet; aber die fessellose Phantasie gestattet dem Gefühl nicht oder nur selten die zu einer harmonischen Durchbildung notwendige Ruhe, sie häuft Formen auf Formen und endet mit dem Eindruck einer fast chaotischen Verwirrung. Die Blütezeit der indischen B. fällt mit dem gleichzeitigen Bestehen des ((Brahmanismus)) und ((Buddhismus)) zusammen, besonders in das letzte Jahrhundert vor Christo. Die bedeutendsten Baureste finden sich in Dekhan, deren wichtigste jene zum Teil sehr umfassenden Felsmonumente sind, die auf der Westseite der Halbinsel, in größerer oder geringerer Entfernung von der Stadt Bombay, liegen. Sie zeigen eine mehr oder weniger entschiedene Übereinstimmung des Stils und gehören ohne Zweifel derselben Entwickelungsperiode an.

Die brahmanischen Felsentempel bedecken gewöhnlich einen viereckigen, zuweilen auch unregelmäßigen Hauptraum von größerer oder geringerer Ausdehnung, an den sich nicht selten kleinere Nebenräume anschließen, unter denen das mit dem Bild oder dem Symbol des Gottes geschmückte Sanktuarium der wichtigste ist, das entweder eine Kammer für sich bildet, oder noch von einem Gang umgeben ist. Der Hauptraum, als die Vorhalle des eigentlichen Heiligtums, hat immer eine flache Decke, welche durch Säulen- oder Pfeilerstellungen gestützt wird, deren vordere Reihe die offene Fassade des Tempels bildet. Höfe mit Galerien, Nebenkammern oder monolithen Monumenten finden sich häufig vor den Tempeln. Zuweilen liegen zwei, bisweilen sogar drei solcher Tempelräume übereinander. Die Säulen oder Pfeiler, welche die Felsdecke des Hauptraums stützen, stehen gewöhnlich in rechtwinkelig sich durchschneidenden Reihen und sind an der Decke durch architravähnliche Streifen verbunden, während die mit ihren Reihen korrespondierenden, an den Wänden hervortretenden Pilaster zwischen sich Nischen einschließen, welche in der Regel durch Bildwerke ausgefüllt sind. Jene frei stehenden Stützen (s. Tafel I, Fig. 10-12) haben meist eine halb pfeiler-, halb säulenartige Gestalt und bestehen durchweg aus einem festen Untersatz von würfelartiger Form, einem kurzen, runden Schaft mit einem unten eingezogenen, oben ausladenden, einem großen Pfühl gleichenden Kapitäl und einem viereckigen Aufsatz, an welchen sich oft (Fig. 11) seitwärts zwei Konsolen anschließen. Zuweilen verbindet sich mit der Grottenanlage ein sehr ausgebildeter, obwohl nur aus dem Felsen gemeißelter Freibau, der dadurch entsteht, daß der das Sanktuarium umgebende Gang in beträchtlicher Breite angelegt und von der darüberschwebenden Felsdecke befreit ist, wodurch das Sanktuarium eine inmitten eines Hofraums liegende Kapelle bildet. In den Grotten von Ellora (s. Tafel I, Fig. 10), namentlich im größern Tempel des Indra und in den Monumenten des Kailasa (s. Tafel I, Fig. 8 u. 9), finden sich sehr merkwürdige Beispiele dieser Anordnung.

Die buddhistischen Grottentempel öffnen sich nicht frei gegen außen. Sie bilden einen länglichen Raum, der nach hinten halbkreisförmig abschließt und rings von einem schmalen Umgang umgeben ist; Pfeilerstellungen trennen den Umgang von dem mittlern Hauptraum. Die Decke des letztern hat die Form eines überhöhten halbkreisförmigen, zuweilen hufeisenförmigen Tonnengewölbes, während die Decke des Umganges flach ist. Die Pfeiler sind teils einfach achteckig, ohne Basis und Kapitäl, teils mehr durchgebildet und mit Basis und Kapitäl versehen, welche in der Hauptform denjenigen der Grottentempel gleichen, auch wohl über dem Kapitäl noch mit phantastischen Skulpturen geschmückt sind. Im Grunde des Mittelraums, vor seinem halbkreisförmigen Abschluß, befindet sich das Heiligtum, wodurch sich diese Anlagen als buddhistische kennzeichnen, der sogen. Dagop, eine etwas überhöhte, auf einem breiten, cylinderförmigen Untersatz ruhende halbkugelige Masse. Dieser Dagop, das Bild der Wasserblase und stets wiederkehrende Symbol der Vergänglichkeit im Buddhismus, pflegt irgend eine Reliquie Buddhas oder eines Buddha-Heiligen einzuschließen. Vor ihm steht gewöhnlich die Statue Buddhas in ihrer stets wiederkehrenden typischen Bildung.

Einige Grottentempel der Koromandelküste bei Madras tragen den Charakter frei stehender architektonischer Monumente, die aber im Innern nicht ausgehöhlt sind und nach Form und Stil den frei stehenden Monumenten von Ellora entsprechen. Die auf dem heiligen Boden von Orissa, auf der Ostküste Indiens, vorhandenen Monumente sind aus Werkstücken (zum Teil auch aus Ziegeln) aufgeführte Bauten. Diese von den Europäern gewöhnlich Pagoden (verdorben aus dem Wort Bhagavati, „heiliges Haus“) genannten Tempelbauten zeigen je nach dem Grade der Heiligkeit des Ortes größere oder geringere Ausdehnung und als Hauptform wieder diejenige der Pyramide, die aber durch eine Menge aus dem Dach jedes untern Absatzes hervortretender Kuppeln, mannigfaches Pilasterwerk (zum Teil auch Säulen) an den Wänden der untern Absätze, Nischen, die ihre besondern bunt geschweiften (zum Teil spitzbogig geschweiften) Bekrönungen haben, Zwischengesimse, besonders vielgestaltige Fußgesimse, endlich durch eine oft übergroße Menge von bildnerischen Darstellungen, die alle freien Stellen der Architektur einnehmen, das Gepräge einer wüsten Verworrenheit erhalten, die den Sinn des Beschauers schwindeln macht. Hervorzuheben sind die Pagoden zu Tiravalur, Chillambrum u. Madura (s. Tafel I, Fig. 6, 7), wo sich auch der riesige, zur Aufnahme der Pilger bestimmte neuere Saal oder Tschultri (s. Tafel I, Fig. 4 u. 5) befindet, dessen Decke von 124 in vier Reihen stehenden, bis zum Kapitäl aus je Einem Granitblock gearbeiteten Säulen getragen wird.

Auch in den bei Manikyala im Indusland beginnenden, der alten, von Indien durch Kabulistan nach Persien und Baktrien führenden Königsstraße entlang liegenden Topen (von Stupa, „Tumulus“), turmartigen Bauten von 15-25 m Höhe, hat man die Dagope, also dieselben buddhistischen Heiligtümer, wieder erkannt, die sich im Innern der indisch-buddhistischen Tempelgrotten vorfinden. Die Periode, in welcher diese merkwürdigen Denkmäler entstanden, ist diejenige, in welcher hier seit dem Sturz der makedonisch-baktrischen Herrschaft (136 v. Chr.) bis zum 7. Jahrh. n. Chr. und zum Teil noch länger mächtige buddhistische Reiche blühten. In dieselbe Periode gehören auch die kolossalen, an der Felswand von Bamian befindlichen, in Nischen stehenden Relieffiguren bis zu 40 m Höhe. Auch auf Ceylon entstanden seit der Einführung des ((Buddhismus)) zu Ende des 4. Jahrh. v. Chr. zahlreiche Bauten, unter denen kolossale, im 2. Jahrh. erbaute Dagope hervorzuheben sind. Auch an den wichtigsten Monumenten von Nepal, den sogen. Chaityas im Norden des indischen Gangeslandes, zeigt sich derselbe Baustil, indem sie außen die kuppelartige Form des Dagop zeigen und innen bereits zum freien, hoch gewölbten Raum geworden sind. Die bedeutenden, auf der Insel Java wie auch auf einigen andern Sundainseln erhaltenen Denkmäler gehören der Zeit des Mittelalters an und verdanken ihren Ursprung indischen Kolonisationen.

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